
Planetarischer Nebel Strottner-Drechsler 1, Foto: Rochus Hess
Eppur si muove, zu Deutsch: Und sie bewegt sich doch. Obschon dieses berühmte Zitat Galileo Galilei nachträglich in den Mund gelegt worden ist, steht es doch nach wie vor stellvertretend für die vermeintlich extremen Spannungen zwischen jenem Universalgelehrten und der Kirche. Dass es einen Disput gab, ist unbestritten, doch entgegen der landläufigen Meinung wurde Galilei seitens Inquisition weder gefoltert noch zum Tode verurteilt1. Im Gegenteil: er pflegte gute Beziehungen zur Kirche, unter anderem zu Kardinal Maffeo Barberini, dem späteren Papst Urban VIII. Es mag also nicht verwundern, dass 380 Jahre später ausgerechnet ein Astrofotograf mit einem seiner Werke für das Velum im Chor verantwortlich zeichnet, und zwar in der Kulturkirche St. Marien Allersdorf im niederösterreichischen Bezirk Amstetten.
Über 9000 Lichtjahre entfernt
Als Mitglied der Arbeitsgruppe für Astronomie am Haus der Natur Salzburg ist Rochus Hess regelmäßig in der VEGA-Sternwarte anzutreffen, wo er seine bereits vor 30 Jahren entfachte Leidenschaft für die Astrofotografie weiterverfolgt und auf Gleichgesinnte trifft. Das Teleskop2 der Sternwarte ermöglicht ihm wortwörtlich einzigartige Ablichtungen, die regelmäßig Einzug in wissenschaftliche Zeitschriften finden. Im Gegensatz zu irdischen Fotos ist neben der Wahl des richtigen Objektivs die lange Belichtungszeit von enormer Bedeutung, da Objekte außerhalb unseres Sonnensystems äußerst lichtschwach sind. Mit der Entfernung geht eine weitere Herausforderung einher – oder um es mit den Nicht-Galilei‘schen Worten zu beschreiben: eppur si muove! Denn nicht nur die Erde, auch die zu fotografierenden Körper befinden sich in ständiger Bewegung, was durchgehende Winkelanpassungen und Nachjustierungen der Ausrüstung notwendig macht.

Astrofotograf Rochus Hess
Der sich im Sternbild Stier befindliche Planetarische Nebel Strottner-Drechsler 1 (kurz: StrDr1) ist ca. 9200 Lichtjahre entfernt und konnte nur nach über 16 Stunden Belichtung sichtbar gemacht werden. Eine lange Zeit für eine Aufnahme, doch Alltag für Rochus Hess, der sich auf sogenannte Deep Sky-Objekte spezialisiert hat, die sich außerhalb unseres Sonnensystems befinden. Und eine besondere Gelegenheit für die Kulturkirche St. Marien, ein spezielles Fastentuch aufhängen zu können:
„Es ist eine Auszeichnung für unsere Kirche, dass wir dieses Fastentuch zeigen dürfen. Danke an Rochus Hess, an das Museum der Natur in Salzburg, die uns dieses Motiv zur Verfügung gestellt haben. Der planetarische Nebel ist so passend als Symbol der Vergänglichkeit, zwar in sehr langen Zeitdimensionen, aber wir Menschen sollen das Leben auf unserer Erde wertschätzen und mit den Ressourcen sorgfältig umgehen, denn auch das Universum ist vergänglich, ein Spiegelbild des Lebens.“
Pfarrer Mag. Peter Bösendorfer

Rochus Hess’ Fastentuchmotiv in der Kirche St. Marien Allersdorf Amstetten
Für die Gemeinde ist es nicht die erste Berührung mit kosmischer Eleganz. Bereits im Herbst 2023 hat die Astrofoto-Ausstellung „Lichtfänger“ zahlreiche Besucherinnen und Besucher überzeugt. Dieses Interesse hat zur Präsentation des diesjährigen Fastentuchs geführt, das im Kirchenraum von umfangreichen Informationen zu planetarischen Nebeln begleitet wird.
Im Gespräch mit EMCP VERTEX-TV spricht Rochus Hess über seine Leidenschaft, die Herausforderungen und die notwendige Ausstattung, um als Hobby- oder professioneller Astrofotograf wirken zu können.
Teaser
Rochus Hess im Gespräch mit EMCP VERTEX-TV. Mehr aus diesem Interview in Kürze!
Das Fastentuch vom Astrofotografen Rochus Hess war in der Kulturkirche St. Marien in Allersdorf, Bezirk Amstetten, bis Karsamstag, 30. März, zu sehen.
Fußnoten
- Das vermeintliche Zitat Galileis fand Einzug in das kollektive Gedächtnis und ist ein gutes Beispiel für die Suche nach einer Antwort auf die Frage: Was ist Wahrheit und wie entsteht sie? Übrigens: Galilei wurde 1992 seitens der römisch-katholischen Kirche rehabilitiert. ↩︎
- ASA EQ1000 der österreichischen ASA Astrosysteme GmbH, mit dem unter anderem das Foto des Planetarischen Nebels Strottner-Drechsler 1 entstand. ↩︎