Auszug aus einem Artikel von Mag. Vanessa Rericha und Mag. Johannes Wolfgruber
Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung zu 6 Ob 162/23 a wichtige Klarstellungen zur Vertretung bei Änderungen von Stiftungserklärungen getroffen.
Sachverhalt
Die Ö*-Privatstiftung beantragte beim Firmenbuchgericht die Eintragung von Änderungen der Stiftungsurkunde und der Stiftungszusatzurkunde. Der Erststifter hatte gemäß § 13 Abs 1 der Stiftungsurkunde das alleinige Recht, die Stiftungserklärung (Stiftungsurkunde und Stiftungszusatzurkunde) zu ändern.
Die Änderungen wurden allerdings nicht vom Erststifter selbst vorgenommen, sondern von dessen Sohn als rechtsgeschäftlich bevollmächtigtem Vertreter auf Basis einer Vollmacht vom 23.8.2022. Diese Vollmacht war als „eingeschränkte Vollmacht“ in Notariatsaktsform errichtet und umfasste verschiedene Rechte des Erststifters gegenüber der Stiftung, darunter auch das Recht zur Änderung der Stiftungsurkunde.
Das Erstgericht wies den Antrag ab, da es der Ansicht war, dass der Sohn des Erststifters keine ausreichende Vertretungsmacht hatte. Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts mit der Begründung, dass für die Änderung einer Stiftungserklärung eine Spezialvollmacht erforderlich sei, welche gegenständlich nicht vorlag. Außerdem betonte das Rekursgericht, dass die Änderung der Stiftungszusatzurkunde von der Vollmacht gar nicht umfasst war.
Notwendigkeit einer Spezialvollmacht zur Vertretung bei Änderungen von Stiftungserklärungen
Die bisherige Rechtsprechung hatte zur Vertretung bei Änderungen von Stiftungserklärung bereits wichtige Grundsätze entwickelt:
- Gestaltungsrechte des Stifters sind grundsätzlich nicht vertretungsfeindlich (vgl. 6 Ob 102/12 m)
- Das Änderungsrecht ist ein höchstpersönliches Recht des Stifters (vgl. 6 Ob 100/22 g)
- Nach dem Tod des Stifters können Gestaltungsrechte nicht mehr durch Bevollmächtigte ausgeübt werden (vgl. 6 Ob 108/15 y, 6 Ob 102/12 m)
Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung darüber hinaus nun festgehalten, dass für die Änderung der Stiftungserklärung durch einen rechtsgeschäftlichen Vertreter eine Spezialvollmacht erforderlich ist. Eine „normale“ Vollmacht reicht daher nicht aus.
Der Oberste Gerichtshof betont in seiner Entscheidung auch den Unterschied zur GmbH, bei welcher keine Spezialvollmacht zur Änderung des Gesellschaftsvertrags erforderlich ist. Die Notwendigkeit einer Spezialvollmacht soll hingegen bei Privatstiftungen durch die besondere Individualität des Rechtsakts des Stifters und der strengeren Formvorschriften im Stiftungsrecht begründet sein.
Fazit
Die Entscheidung hat große praktische Relevanz für die Gestaltung von Vollmachten im Stiftungsrecht. Die Entscheidung bringt mehr Rechtssicherheit, stellt aber auch höhere Anforderungen an die Gestaltung von Vollmachten. Eine sorgfältige Formulierung der Spezialvollmacht unter genauer Bezeichnung der beabsichtigten Änderungen ist künftig unerlässlich. Generelle Vollmachten, wie man sie etwa teilweise auch in Vorsorgevollmachten findet, stellen jedenfalls keine taugliche Änderungsgrundlage mehr dar.
Mag. Vanessa Rericha ist seit August 2022 als Rechtsanwaltsanwärterin für Hasch und Partner in Linz tätig.
Mag. Johannes Wolfgruber, MBA ist Rechtsanwalt und Partner der HASCH UND PARTNER Rechtsanwälte GmbH.
Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Auszug.
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