Die zweifelhaften Geschäfte mit Biokraftstoffen

Prämien fürs Elektroautofahren wie die THG-Quote (Treibhausgas-Minderungsquote) haben das Bewusstsein für Biokraftstoffe und deren Ökobilanz in der Öffentlichkeit zuletzt deutlich erhöht. 

Denn auch diese können sich Mineralölunternehmen auf die Ziele ihrer Treibhausgas-Minderungsverpflichtung anrechnen lassen. Wir berichteten bereits darüber, dass die THG-Quote als Klimaschutzinstrument der Bundesregierungen in Deutschland und Österreich darauf abzielt, mehr erneuerbare Energie im Verkehr zu nutzen, also die klimaschädlichen Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren und so die Klimaziele bis 2030 zu erreichen.

Verständlich, dass Biokraftstoffe begrifflich positive Assoziationen zu Umweltschutz und Klimawende herstellen, wo wir doch in diesem Zusammenhang zuerst an heimisches Rapsöl aus nachhaltigem Bioanbau denken, das unseren Kraftstoffen für den Verkehr beigemischt wird. Aber weit gefehlt: Erfinderisch und gewinnorientiert wie die Mineralölindustrie ist, importiert sie lieber in großen Mengen billiges Palmöl aus Monokulturen in Indonesien und Altspeisefett über China nach Europa – weil es rentabler ist als der Ankauf von THG-Quoten. Bereits vor dem Schiffstransport werden diese „nachhaltigen“ Biokraftstoffe unerlaubt zu HVO (hydrierten Pflanzenölen) umdeklariert, da der Einsatz von Palmöl hier unterdessen verboten ist. Wie man aus Fachkreisen hört, konnten sich die Ölkonzerne in Deutschland so einen Puffer von rund sechs Millionen Tonnen Kohlendioxid-Einsparung schaffen, was in etwa 30 Prozent des Einsparziels für 2024 ausmacht. 

Burkhard Schwarz, Plattformbetreiber thg-vergleichstest.at

Diese Marktverwerfungen stellen eine erhebliche Belastung dar und sind vor allem ökologisch mehr als fragwürdig. Denn die Frachter, die uns das braune „Frittenfett“ aus China bringen, schippern nicht mit Bio-Diesel über die Weltmeere, sondern mit fossilen Kraftstoffen. Zudem erfordern die Altspeisefette, die oftmals unerwünschte Verunreinigungen wie Lebens- oder Putzmittelreste enthalten, aufwändige Reinigungsprozesse, bevor sie genutzt werden können.

Doch damit nicht genug: Das sogenannte Brown Grease (braunes Fett) gilt gemäß EU-weiter Erneuerbaren-Energien-Richtlinie als „fortschrittlicher Biokraftstoff” und kann deshalb bei der Beimischung von Biodiesel sogar doppelt angerechnet werden. Dieses Schlupfloch wird von Fachverbänden stark kritisiert und hat in den Niederlanden dazu geführt, dass Brown Grease seit 2023 nicht mehr als fortschrittlicher Biokraftstoff anrechenbar ist. Doch nicht so in Deutschland und Österreich – hier sehen die Gesetzgeber zwar Hinweise auf mögliche Betrugsfälle, aber keinen weiteren Handlungsbedarf. Stattdessen wurde herkömmlicher Bio-Sprit aus landwirtschaftlichem Anbau, also beispielsweise unser heimischer Bio-Raps, vergangenes Jahr in der Anrechnung auf die Treibhausgasminderung gedeckelt, die genannten „fortschrittlichen Biokraftstoffe“ hingegen nicht. In der Summe ein ökologisches Desaster! 

Zum Autor:

Burkhard Schwarz ist Ingenieur für Elektrotechnik und Fachmann für regenerative Energien. Als Pionier der Photovoltaik und Elektromobilität betreibt er unter anderem die Vergleichsplattform thg-vergleichstest.at  zur Beantragung der THG-ePrämie in Österreich.

Nach oben scrollen